Fiebertherapie - Systemische Hyperthermie
Eine der intensivsten therapeutischen Massnahmen ist die auf den ganzen Organismus einwirkende Hyperthermie, d.h. die gezielte Erhöhung der Körpertemperatur.
Die Körperwärme ist ein Kennzeichen und Voraussetzung für unser Leben und wird dank verschiedensten Regelmechanismen im Körperinneren und Gehirn sorgfältig auf eine nahezu konstante Temperatur von 37°C eingestellt. Ist der Körper überhitzt, verschafft das Schwitzen und die vermehrte Hautdurchblutung eine wirksame Kühlung. Bei Unterkühlung werden die Arme und Beine weniger durchblutet, und mit Muskelzittern wird zusätzliche Wärme erzeugt.
Genauso wie diese Körpertemperatur für unser Wohlergehen sorgt ist sie auch ein wichtiges Instrument in der Heilung von Krankheiten. Auch unsere Feinde, Bakterien und Viren haben den gleichen Optimaltemperatur wie wir, geht es diesen Keimen genau darum, sich bei uns ebenso wohl zu fühlen. Und genau deshalb können wir diese Eindringliche mittels Körperüberwärmung bekämpfen. Bei Fieber haben die Keime keine Möglichkeit so wie wir, sich in der Peripherie abzukühlen. Für diese ist es als ob sie in einer Sauna bei verschlossener Türe gefangen wären. Deshalb setzt die Natur für Abwehr- und Heilungsvorgänge die Erhöhung der Körperkerntemperatur um 1-4°C ein, was wir als Fieber bezeichnen und nur zu oft fälschlicherweise als die „Krankheit“ interpretieren. Dabei entfaltet Fieber hochwirksame Selbstheilungskräfte, die eine Infektion meist nach ein bis zwei Tagen erfolgreich überwinden lasesn. Leider wird dieser Vorgang mit Fiebersenker häufig vereitelt.
Gerade in der Hitze, und dies ist ein wesentlicher Aspekt der Ganzkörperhyperthermie, welches sich dann auch gegenüber einem Saunabesuch auszeichnet, ist die Gewebeversorgung mit Sauerstoff. Nach der Temperaturerhöhung wird der Patient in wärmereflektierenden Decken eingewickelt. Dabei wird die Körpertemperatur im Gewebe homogenisiert womit die Kerntemperatur um 1-3 Grade ansteigt. Je höher die Temperatur, umso intensiver ist die Sauerstoffabgabe im Gewebe. Dies nutzen auch Sportler aus, indem sie sich für den Wettkampf „aufwärmen“. Gleichzeitig wird reiner Sauerstoff zu atmen gegeben und die Luft die eingeatmet wird ist vergleichsweise kühl, steckt der Kopf ja draussen. In dieser kühlen Umgebung kann das Blut viel mehr Sauerstoff binden. Dies erfahren viele Menschen dann, wenn sie den Eindruck haben, in kalter Luft besser atmen zu können. Auf diese Weise wird die Sauerstoffversorgung im entzündeten Gewebe (Sauerstoff ist Nahrung und Munition für das Immunsystem!) wesentlich erhöht, womit Infektionen noch besser bekämpft werden können.
Wirkung des Fiebers auf den Organismus
- Steigerung des Stoffwechsels
- Erhöhung der Blutzufuhr und Sauerstoff zu Organen und Geweben.
- Bessere Entgiftung von Stoffwechselabbauprodukten und Schadstoffen
- Anregung und Harmonisierung des Immunsystems
- Aktivierung von chronischen Entzündungsprozessen, um diesen einer Ausheilung zuzuführen
- Entspannung der Muskulatur
Geschichte & Entwicklung der Hyperthermie
Diese heilbringende Wirkung des Fiebers faszinierte die Heilkundigen, seit es schriftliche Überlieferung gibt. Schon aus dem alten Ägypten und Griechenland gibt es Berichte, dass nach Überstehen eines kurzen hohen Infektionsfiebers ein zuvor seit Jahren bestehendes chronisches Leiden eine völlig unerwartete Besserung oder gar Heilung erfuhr. Kein weiter Schritt zu dem Gedanken, ob es nicht wünschenswert wäre, bei chronischen Leiden die heilsamen Fieberzustände "künstlich" zu erzeugen. Diese Idee begeisterte z.B. den griechischen Arzt und Philosophen Parmenides (540-480 v.Chr.): „Gebt mir die Macht Fieber zu erzeugen, und ich heile euch alle Krankheiten." Die starke Übertreibung wollen wir ihm in seiner Begeisterung nicht übelnehmen, richtiger hätte er natürlich sagen müssen: "...und ich heile oder bessere euch viele Krankheiten." Wenn wir nun nicht 2500, sondern nur 100 Jahre zurückschauen, stossen wir auf den amerikanischen Arzt William Coley, der erstmals mit beachtlichem Erfolg fiebererzeugende Substanzen zur Behandlung von Krebskranken einsetzte („aktive Fiebertherapie"). Der Wiener Arzt Professor Wagner-Jauregg infizierte Anfang dieses Jahrhunderts Syphilis-Kranke im bis dahin unheilbaren Spätstadium absichtlich mit Malaria. Überstand der Patient die kaum zu kontrollierenden Malaria-Fieberstösse (was nicht immer der Fall war), war er danach von seiner Syphilis geheilt. Für diese Therapie bekam Wagner-Jauregg 1927 sogar den Nobelpreis. Wegen des hohen Risikos konnte die Malaria-Therapie natürlich nur als letzte Chance bei Krankheiten verantwortet werden, die ansonsten rasch und sicher zum Tode geführt hätten. Um eine bessere Kontrolle des Temperaturanstiegs zu gewährleisten, fehlte es nicht an Versuchen, die gesteuerte Steigerung der Körpertemperatur durch gezielte Wärmezufuhr von aussen herbeizuführen. Bewährt hat sich z.B. das Ueberwärmungsbad mit langsam ansteigender Wassertemperatur in einer Badewanne. Heute erfolgt die Wärmeübertragung in den Körper meist trocken. Dafür ist die Infrarot-Hellstrahlung - ein Bestandteil der natürlichen Sonnenstrahlung, welcher die Wärmewirkung der Sonne ausmacht - besonders geeignet. Diese Strahlen schicken ihre Wärme auch durch kühle Luft und Kleidung hindurch, wie jedermann an kalten Wintertagen beobachten kann. Die Infrarot-Strahlung, immer verbunden mit hellem Licht und ohne hautgefährdendes Ultraviolett, wurde inzwischen zur Standardmethode in der Hyperthermiebehandlung.
Ablauf der Therapie
Der Patient liegt in einer Zeltkabine, die auf einem bequemen Bett aufgebaut wird. Er ist mit einem baumwollenen Trikotanzug (Pyjama) bekleidet und zusätzlich mit einem oder mehreren Tüchern bedeckt. Die über dem Rumpf befindlichen Infrarotstrahler blenden nicht. Jede Direktstrahlung ist abgedeckt. Die Wärmestrahlung wird an speziellen Blechen und den Zeltwänden diffus reflektiert und dringt gleichmässig und sanft in den Körper ein. Das Blut nimmt die Wärme auf und verteilt sie im ganzen Körper. Zuerst erwärmt sich die Körperschale auf die Kerntemperatur von 37°C (für Arme und Beine schon ein respektabler Temperaturanstieg). Bald setzt die anfangs beschriebene Temperaturregelung ein, d.h. die Durchblutung der Haut wird gesteigert und Schwitzen setzt ein. Da wir bei dieser Behandlung aber eine gezielte Überwärmung (Hyperthermie) wünschen, wird jegliche Abkühlung verhindert. Der Trikotstoff saugt den Schweiss auf, und die Zeltkabine bildet um den Körper eine ruhende Warmluftschicht, die jede Verdunstungskühlung ausschliesst. Die Körperkerntemperatur steigt nun stetig an. Ist die gewünschte Temperatur erreicht, werden die Strahler abgeschaltet. Mit den reflektierenden und isolierenden Zeltwänden, von der Bestrahlungseinheit getrennt, wird man nun gut eingepackt. Dieser Vorgang bringt nun die eigentliche homogene Wärmeverteilung, die Temperatur steigt weiter an auf die im Voraus festgesetzte Höhe. Diese Temperatur bleibt eine geraume Zeit konstant, was wichtig ist, denn in dieser Phase entfaltet sich die eigentliche therapeutische Wirkung des Fiebers. Anschliessend fällt die Körpertemperatur langsam wieder ab. Diese allmähliche Entfieberung schont Herz und Kreislauf.
Begleittherapie
Die Ganzkörper-Hyperthermie wird häufig in Verbindung mit anderen, zielgerichteten Therapieverfahren durchgeführt, deren Wirkung sie häufig unterstützt. So können in der Infusionen ihre Wirkung dank der besseren Durchblutung viel intensiver entfalten.
Indikationen
- Chronische Infektionen wie Borreliose
- Chronische Entzündungen der Atemwege, Harnwegen, Verdauungssystem
- Rheumatische Krankheiten
- Hautkrankheiten
- Depressionen
- Immunschwäche
- Begleittherapie bei Krebserkrankungen
Dauer und Anzahl der Behandlungen
In der Regel wird eine Serie 3-6 Anwendungen umfassen.
Die Dauer einer Anwendung variiert von 3-5 Stunden.